Wenn Sie in einem anderen EU-Land heiraten oder nach einer Arbeit suchen wollen, müssen Sie eventuell eine öffentliche Urkunde – also ein von einer Behörde ausgestelltes Dokument – vorlegen, zum Beispiel eine Geburtsurkunde oder einen Strafregisterauszug.
Die Bilateralen völkerrechtliche Verträge und EU-Rechtsvorschriften zu Internationaler Urkundenverkehr vereinfachen dieses Verfahren, das öffentliche Behörden befolgen müssen, wenn sie Dokumente bearbeiten, die in anderen Länder ausgestellt wurden.
Bilaterale völkerrechtliche Verträge
Mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Österreich und der Schweiz hat Deutschland bilaterale Abkommen geschlossen, aufgrund derer bestimmte Dokumente von jeglicher Beglaubigung befreit sind, sofern sie von den zuständigen Verwaltungsbehörden mit deren Siegel versehen sind.
Mehrsprachige Urkunden (nach CIEC–Übereinkommen)
Personenstandsurkunden und Ehefähigkeitszeugnisse, die von einem der Vertragsstaaten nach dem Muster der Übereinkommen der Internationalen Kommission (CIEC–Übereinkommen) für das Zivil- und Personenstandswesen (CIEC) ausgestellt werden, sind in Deutschland von jeder Förmlichkeit befreit.
Vertragsstaaten des Wiener CIEC-Übereinkommens vom 08.09.1976 (Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus den Personenstandsbüchern: Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunde) sind:
Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Italien, Kap Verde, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Mazedonien, Moldau, Montenegro, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Serbien, Slowenien, Spanien und and Türkei.
Vertragsstaaten des Münchener CIEC-Übereinkommens vom 05.09.1980 (Ausstellung mehrsprachiger Ehefähigkeitszeugnisse) sind:
Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Moldau, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweiz, Spanien und Türkei.
Verordnung über öffentliche Urkunden (EU) 2016/1191 vom 6. Juli 2016
Darüber hinaus vereinfacht die Verordnung über öffentliche Urkunden (EU) 2016/1191 vom 6. Juli 2016 den Verkehr bestimmter öffentlicher Urkunden, die in einem EU-Mitgliedstaat vorgelegt werden müssen und die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ausgestellt worden sind und befreit dadurche die öffentlichen Urkunden von der Bestätigung der Echtheit mit der Apostille mit dem Ziel, den Verwaltungsaufwand und die Kosten für Bürger zu senken.
Die Verordnung befasst sich mit der Echtheit öffentlicher Urkunden, nicht aber mit der Anerkennung ihrer Rechtswirkung in einem anderen EU-Mitgliedstaat. Für die Anerkennung der Rechtswirkung einer öffentlichen Urkunde ist nach wie vor das nationale Recht des EU-Mitgliedstaats maßgebend, in dem die Urkunde vorgelegt wird.
Die Verordnung gilt für öffentliche Urkunden:
- Personenstandsurkunden: Geburt, Leben, Tod, Namensänderung
- Familienstand, Eheschließung, Ehefähigkeit, eingetragene Partnerschaft, Fähigkeit zur Schließung einer eingetragenen Partnerschaft, Status der eingetragenen Partnerschaft
- Unterlagen zum Wohnsitz und/oder Aufenthaltsort
- Dokumente über den Erwerb oder die Änderung der Staatsbürgerschaft
- Polizeiliches Führungszeugnis
- Notarielle Urkunden und deren notarielle Abschriften
- Gerichtsurteile
Durch die Verordnung wird außerdem die Pflicht abgeschafft, eine Übersetzung der öffentlichen Urkunde beizubringen. Ist die öffentliche Urkunde nicht in einer Amtssprache des EU-Mitgliedstaats verfasst, kann von den Behörden ein mehrsprachiges Formular angefordert werden, das in allen EU-Amtssprachen vorliegt.
Die Verordnung sieht in 11 Bereichen mehrsprachige Formulare vor, die einer öffentlichen Urkunde beigefügt werden können, um eine Übersetzung zu vermeiden. Diese Formulare können in anderen Mitgliedstaaten der öffentlichen Urkunde als Übersetzungshilfe beigefügt werden, sodass auf eine Übersetzung verzichtet werden kann.
Falls die Behörden in Ausnahmefällen die beglaubigte Übersetzung verlangen, genügt es, die Urkunde in die Amtssprache des Bestimmungslandes von einem vereidigten Übersetzer übersetzen und die Übersetzung mit dem Siegel des Übersetzers beglaubigen zu lassen. Die Behörden müssen eine beglaubigte Übersetzung der öffentlichen Urkunde akzeptieren, die in einem beliebigen EU-Mitgliedstaat angefertigt wurde.
Seit dem 1. Februar 2020 ist das Vereinigte Königreich kein Mitgliedsstaat der EU mehr. Gemäß dem Austrittsabkommen gelten die Voraussetzungen für die Beglaubigung von Urkunden aus dem Vereinigten Königreich bis zum 31.12.2020, danach müssen die Urkunden aus dem Vereinigten Königreich in der EU durch die Apostille beglaubigt werden.