Russland will sein Investitionsklima stärken. Dafür wird in Moskau künftig ein Sonderbeamter eingesetzt, der internationale Unternehmer und Geschäftsleute vor der Willkür der Behörden schützen soll.
Die Korruption in Russland ist enorm. Waren es aber früher noch primär die Oppositionellen, sie sich gegen die allgegenwärtige Schmiere laut machten, so sind es heute auf die regimeloyalen Geschäftsleute. Die Kapitalflucht aus Russland betrug 2011 rund 65 Milliarden Euro, in internationalen Rankings für attraktive Investitionsstandorte bildet Russland seit Jahren eines der Rücklichter.
Dieser Zustand soll nun gebessert werden. Das teilte jedenfalls am 2. Februar Ministerpräsident Wladimir Putin, für den es am 4. März im Wahlkampf um die Präsidentschaft geht, auf dem Forum Russia 2012 in Moskau mit. Seine Regierung arbeite bereits an einem Maßnahmenpaket zur Aufbesserung des russischen Geschäftsklimas. „Wir wollen einhundert Schritte nach vorne gehen und von Rang 120 auf Rang 20 der Länder mit dem attraktivsten Geschäftsklima aufsteigen“, sagte Putin.
Zunächst sollen hierfür die bürokratischen Prozesse beschleunigt werden: die Stromanschlüsse sollen künftig um drei Viertel schneller bewilligt, die Steuererklärungen drei Mal schneller abgerechnet werden - und die Zollabfertigung lediglich ein Siebentel der Zeit in Anspruch nehmen, die ein Zollbeamter heute braucht, versprach Putin.
Vertrauensmann für ausländische Investoren
Gleichzeitig sollen ausländische Unternehmer ein eigens für sie eingerichtetes „offenes Ohr“ in der Regierung bekommen. Eine Vertrauensperson mit Beamtenstatus soll künftig alle Beschwerden aufnehmen, weiterleiten und wenn es sein muss, die Interessen seiner Vertrauenspersonen auch vor Gerichten vertreten.
Ein regierungsnaher Gesprächspartner, der anonym bleiben möchte, schließt nicht aus, dass dieser Posten einem ganzen Beamtenapparat für besseren Unternehmerschutz in ganz Russland nach sich ziehen könnte. Die Initiative hierfür ginge auf den Präsidenten Dmitri Medwedjew zurück, der ähnliche Posten in den Regierungskreisen installieren ließ – wie die Praxis jedoch zeigt, mit mäßigem Erfolg.
„Dieser Posten wird ein entscheidender Schritt für die russische Wirtschaft“, hofft Boris Titow, Präsident der russischen Unternehmervereinigung Delowaja Rossija. Das möchte Nikita Kritschewskij, Vorsitzende des Unternehmerrats Opora Rossiji, nicht so leicht glauben: „Dass sich durch vereinzelte Anrufe bei einem regierungsnahen Ansprechpartner das Investitionsklima verbessern soll, ist eine Fehleinschätzung“. Ein noch größeses Übel wäre damit nämlich noch nicht aus der Welt – dass die Geschäftsleute in Russland strafrechtlich verfolgt und inhaftiert werden können.
Bei schlechter Wirtschaft droht Haft
Derzeit ermittelt die russische Justiz wegen etwa 3 000 Wirtschaftsdelikten, die Verdächtigen sitzen in der U-Haft. Rund 120 000 weitere Wirtschaftsdelinquenten sind derzeit auf Bewährung. Putin beteuerte jedoch auf dem Forum, dass Wirtschaftsdelikte künftig in die Kompetenz von Schiedsgerichten übertragen werden.
„Die Ideen, die Putin hier vortrug, treffen natürlich die Erwartungen der Geschäftswelt. Sollten sie tatsächlich umgesetzt werden, würde sich das Geschäftsklima nachhaltig verbessern. Das Entscheidende in Russland ist aber immer die Frage, wie sie umgesetzt werden. Die russische Gesetzgebung ist an für sich ok, das Problem ist jedoch ihre Ausführung“, sagte Alexander Iwlew, Geschäftsführer Ernst&Young Russia. Wer den Posten des Unternehmervertrauten belegen soll, ist noch unklar.
Quelle: Russland Heute